„Kann man Kirchenmusik studieren? – Ich dachte, das macht man einfach so!“ Diesen Ausspruch hat Christina* (21) schon häufig gehört, als sie Bekannten auf die Frage antwortete, was sie denn nach dem Abitur machen wolle. Dabei macht man gerade das Kirchenmusik-Studium nicht „eben so“, denn kaum ein Studiengang ist vielfältiger.
„Viele Leute denken, der Kirchenmusiker spielt Sonntags ein bisschen Orgel und hat den Rest der Woche frei.“ sagt Christina, die im dritten Semester an der Musikhochschule Köln Evangelische Kirchenmusik studiert. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus: Der Kirchenmusiker ist an vielen Kirchen hauptamtlich tätig. Zu seinen Aufgaben gehören neben der musikalischen Gestaltung der Gottesdienste auch die Arbeit mit den Kirchenchören, von denen es in großen Gemeinden meist mehrere (z.B. Kammerchor, Kantorei, Kinderchor) gibt. Auch die Gestaltung von Konzerten (z.B. Orgel solo oder die Aufführung von Chorwerken) gehören neben dem Orgel-Üben und dem Vorbereiten der Chorproben zum Aufgabenbereich des Kirchenmusikers.
Der Umgang mit unterschiedlichen Menschen aller Altersgruppen verlangt vom Kirchenmusiker hohe soziale Kompetenz. „Das schönste an dem Beruf ist die Vielfältigkeit der Aufgaben: Man hat viel mit Menschen zu tun, kann aber auch für sich alleine arbeiten. Das liegt mir“, ist sich Christina sicher, die bereits seit ihrem 16. Lebensjahr nebenamtlich Gottesdienste gespielt und auch schon einen Chor geleitet hat.
Wer Kirchenmusik studieren will, muss zuerst eine Aufnahmeprüfung bestehen, in der z.B. die Fähigkeiten und künstlerische Eignung an der Orgel, am Klavier und im Gesang überprüft werden. An vielen Hochschulen werden auch schon bei der Aufnahmeprüfung Kenntnisse in Chordirigieren abgefragt. Auch in Musiktheorie und Gehörbildung muss der Bewerber sich gut vorbereitet haben: „Das verlangte Pensum ist recht hoch. Einige Studenten haben sich nach dem Abitur ein Jahr lang nur auf die Aufnahmeprüfung vorbereitet“, sagt Christina.
Das Studium an der Musikhochschule Köln dauert 8 Semester und schliesst mit dem Diplom ab. An anderen Hochschulen gibt es häufig die Unterteilung in Kirchenmusik mit A-Examen (12 Semester) und Kirchenmusik mit B-Examen (8 Semester).
So vielfältig wie die spätere Tätigkeit ist auch das Studium der Kirchenmusiker: Neben Einzelunterricht in Orgelliteraturspiel, Orgelimprovisation, Klavier und Gesang steht auch Chorleitung in Kleingruppen auf dem Programm. Generalbassunterricht, Teilnahme an Chorproben sowie Vorlesungen und weitere Fächer ergänzen das Studium.
Auch die Kirchen müssen sparen und reduzieren daher die Zahl der hauptamtlichen Stellen für Kirchenmusiker oder den Umfang der Beschäftigung. Trotzdem gelten die Berufschancen für Kirchenmusiker als gut. Dies schätzt auch Christina so ein: „Ich weiß, dass die Kirchen sparen müssen und dass Kirchenmusiker gegenüber Musik-Lehrern am Gymnasium schlechter verdienen. Aber was bringt mir ein Beruf, in dem ich mich nicht selbst verwirklichen kann. Als Kirchenmusiker kann ich mir meine Zeit frei einteilen und eigene Schwerpunkte setzen. Zudem kommen die Menschen, die in einem Chor mitsingen, freiwillig und sind motiviert. An der Schule sieht das wohl häufig anders aus.“
Weitere Informationen zum Kirchenmusik-Studium bieten dir die einzelnen Hochschulen. Eine Liste mit Hochschulen, die den Studiengang Kirchenmusik anbieten, hilft dir weiter.
* Name von der Redaktion geändert